AMICAL
Ingenieurbüro Bogenschütz
Shisha Pagma EXPEDITIONSABLAUF
TAGEBUCH
     
  1. Bericht vom 26.04.2011   Alois Bogenschütz  
     
  2. Bericht vom 01.05.2011  
     
  3. Bericht vom 08.05.2011  
4. Bericht vom 15.05.2011
 

Die neuesten Wetterdaten sagten nun bestes Gipfelwetter bis 15.5. voraus. Dies bedeutete fast kein Wind, keine Niederschläge und höchstens -20 Grad in 8ooo m Höhe. Also beschlossen wir am 10.5. zu starten, um am 13. 5. einen optimalen Gipfeltag zu haben.
Am ersten Tag ging es zunächst einmal wieder mühsam und stundenlang die Moräne hinauf bis zu unserem Materialdepot und dann weiter mit Steigeisen durch den Eisbruch zum Skidepot und von dort wieder mit Fellen unter den Skiern hinauf zum Lager 1, das wir alle (Michi, Hans, Sherpa Pasang und ich) rechtzeitig und in bester Stimmung erreichten.
Nun galt es für den weiteren anstrengenden Aufstieg die Speicher zu füllen. Mein Zeltpartner Hans warf sofort den Kocher an, um Schnee zu schmelzen, damit wir so viel wie möglich trinken konnten und zum Schluss gab es noch eine deftige Fertigsuppe zu schlürfen. Dann ging's in den warmen Schlafsack.
Nach Schnee schmelzen und frühstücken starteten wir dann am nächsten Morgen voller Zuversicht in Richtung Lager 2. Zunächst ging es bei schönstem Wetter los. Doch bald zog sich die Sonne zurück, es kam Wind auf und es begann leicht zu schneien. Als ich den Korridor erreichte, war der Nebel so dicht, dass ich nur noch 2m Sicht hatte. Der Wind hatte die Aufstiegsspur von Michi weggeweht. Was war mit dem tollen Wetterbericht? Ich wusste, ich war von unserem Zelt im Lager 2 nur wenige hundert Meter entfernt. Aber sollte ich mich weiter trauen auf den für den nächsten Tag vorgesehenen großen fast ebenen Korridor? Das war mir zu gefährlich, denn man weiß ja, dass man im Nebel die Orientierung verliert und im Kreis läuft. Ich hätte also das so nahe Zelt womöglich verfehlt. Gott sei Dank hörte ich Michis Rufen, der mir entgegenkam und mich so ins wirklich nahe Zelt schleuste.
Der nächste Morgen zeigte sich wieder von seiner besten Seite. Es war strahlender Sonnenschein, wenig Wind und nicht kalt, also beste Bedingungen für einen Aufstieg zum auf ca.7400 m hoch liegenden Lager 3.

Nun muss ich etwas einschieben:
Meine Taktik war ursprünglich: Aufstieg bis Lager 2 mit Skiern, dann weiter zu Fuß mit meinen warmen Expeditionsstiefeln. Doch die Schneeverhältnisse und das gute Wetter bewegten mich umzuplanen. Ich hatte jedoch keine Übergamaschen für meine Skischuhe. Aber da Rainer schon am Gipfel war, bot er mir seine an. Ich probierte sie im B.C. an. Sie waren zwar etwas zu groß, aber sie passten sowohl für die Skibindung als auch für die Steigeisen. Also änderte ich meine Taktik.
Zu meiner eigenen Sicherheit testete ich nun beim Aufstieg zum Lager 3 die Gamaschen, obwohl es das Wetter eigentlich nicht erforderte, zunächst auf den Skiern bis zu meinen Depot auf ca.7200 m Höhe. Danach zog ich die Steigeisen über und erreichte problemlos kurz nach Mittag Lager3.Dort hatte Michi bereits ein kleines Zelt aufgebaut. In diesem warteten wir gemeinsam auf Pasang, der ein weiteres Zelt mitbrachte, das wir dann gemeinsam aufstellten. So hatten wir wieder je zu zweit ein Zelt, Michi und Pasang sowie Hans und ich. Nach Verrichtung aller notwendigen Dinge schlüpften wir in unsere Schlafsäcke um zu schlafen (in 7400m Höhe) und gespannt auf den nächsten Tag, den Gipfeltag, zu warten. Doch plötzlich kam in den Nacht starker Wind auf um nicht zu sagen: ein Sturm. Was war mit der Wettervoraussage? Ich schlief sehr schlecht und machte mir Sorgen um den Gipfeltag. Um 5.00 wollten wir starten, aber es stürmte weiter. Um kurz nach 5.00 Uhr rief Michi, er wolle in einer halben Stunde starten, es sei draußen nicht so schlimm. Also beschlossen auch wir zu starten. Um 7.oo Uhr waren wir startbereit. Hans ging los. Ich wollte auch losgehen. Aber was war da mit meinem rechten Steigeisen? Ich brachte den Kipphebel nicht zu! Sch... Ich musste meine warmen Fausthandschuhe ausziehen und die Steigeisen mühsam verstellen. Dann endlich hatte ich das Steigeisen am Fuß. Nun hieß es aber loslegen. Ich hatte aber nun bereits kalte Füße und noch kältere Hände. Auch beim weiteren Aufstieg wurde es nicht besser. Nach ca. 100 Höhenmetern löste sich in sehr hartem Schnee (nur die Zacken der Steigeisen drückten sich in den Schnee) das rechte Steigeisen von meinem Schuh. Reaktionsschnell konnte ich mich mit meinem anderen Steigeisen und meinem Eispickel vor einem Absturz retten. Nun wieder das gleiche Spiel: Handschuhe aus, Steigeisen wieder anpassen - und dann? - Schlagartig ging mir durch den Kopf, was ist , wenn es mir weiter oben an einer weit schwierigeren Stelle noch einmal passiert?
Die Entscheidung war gefallen. Umdrehen! Über Funk informierte ich Michi und stieg wieder ins Lager 3 ab.

Als ich im Zelt im Lager 3 die Gamaschen auszog, fiel mir auf einmal mein uraltes Motto fürs Höhenbergsteigen ein, das ich auch immer wieder bei meinen Vorträge sagte: "Weiter gehen ist keine Kunst, das kann jeder, aber rechtzeitig umdrehen, das ist viel schwieriger.....“ Hatte ich dieses Motto vorhin da oben im Unterbewusstsein angewandt? Aber ja!!! Nun hatte sich der Kreis auch da geschlossen. Ich packte alle meine Sachen zusammen, zog meine Steigeisen sicher und direkt auf meine Skischuhe und begann zwar etwas traurig, aber mit mir im Reinen mit dem Abstieg zum Skidepot. Dort wechselte ich meine Steigeisen gegen die Skier.

Blick zum Lager 3
Nun begann auch für mich noch etwas Neues. Noch nie bin ich von 7200m Höhe mit Skiern abgefahren. Nach kurzer Zeit erreichte ich in Lager 2 Rainer auf 6900 m Höhe. Er sagte, dass er noch einmal aufgestiegen sei, um den direkt daneben liegenden namenlosen 7050 m hohen Berg zu besteigen. Aber ich glaube, dass er hauptsächlich hochgekommen war, um uns beim schweren Abtransport der Lager zu helfen. So hilfsbereit und selbstlos ist er. Dafür herzlichen Dank und nochmals großen Glückwunsch und großen Respekt für deinen Husarenritt mit Skiern zum Gipfel der Shisha Pangma.
Mit Michi hatte ich vereinbart, dass wir so viel wie möglich ins Lager 1 mitnehmen, aber das Zelt stehen lassen sollten, denn Pasang, der zu Fuß unterwegs war, würde maximal noch Lager 2 erreichen. Bis auf das Zelt und einen Kocher nahmen wir alles ins Lager 1 mit. Dort richteten wir uns für unsere letzte Hochlagernacht gemütlich ein. Gegen 17.00 kamen auch Hans und Michi mit Skiern im Lager 1 an.
Zunächst gratulierte ich Hans zu seiner Leistung, die ihn bis knapp 200m unter den Gipfel gebracht hatte. Seiner sehr guten Kondition, seinem technischen Können und seinem Willen entsprechend hätte er den Gipfel mehr als verdient gehabt. Ich hätte ihm seinen ersten 8000-er Gipfel von Herzen gegönnt. Auch für seine Hilfsbereitschaft und seine Funktion als Expeditions-Arzt möchte ich mich bedanken.
Michi möchte ich zunächst zu seinen großartigen Gipfelerfolg herzlich gratulieren. Er war an diesem Tag der einzige am Gipfel, das stellt seine Leistung weiter heraus.
 
 
     
  Michi am Zentralgipfel
Auch möchte ich ihm für seine perfekte Expeditionsleitung und für seinen freundlichen und persönlichen Umgang mit uns danken.

Auch bei Ralf Dumjovits möchte ich mich für seine wie immer perfekte Organisation(es fehlte uns an nichts!) bedanken und auch dafür, dass er mir den Transfer der Daten für die Berichte ermöglichte.

Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Schwiegersohn Markus, der nicht nur meine Berichte (sicher in Nachtarbeit) ins Netz stellte, sondern mich im Büro bestens vertrat.

Auch bei seiner Frau und meiner Tochter Heike möchte ich mich bedanken, für ihr Verständnis(ich weiß, wie schwer es dir fiel), dass ich immer wieder auf Expedition ging.

Und zuletzt natürlich bei meiner Frau Regine, die viel erdulden musste und die immer zu mir hielt. Ich freue mich schon so sehr, dich nächsten Samstag in die Arme zu nehmen und am 12.6. unseren 46. Hochzeitstag zu feiern. Ich hoffe und wünsche und bin mir auch sicher dass wir noch viel miteinander feiern werden.

Auch noch vielen Dank an die interessierten Leser dieser Berichte.
Bis bald in Stuttgart.