|
Die
neuesten Wetterdaten sagten nun bestes Gipfelwetter bis 15.5. voraus.
Dies bedeutete fast kein Wind, keine Niederschläge und höchstens
-20 Grad in 8ooo m Höhe. Also beschlossen wir am 10.5. zu starten,
um am 13. 5. einen optimalen Gipfeltag zu haben.
Am ersten Tag ging es zunächst einmal wieder mühsam und stundenlang
die Moräne hinauf bis zu unserem Materialdepot und dann weiter mit
Steigeisen durch den Eisbruch zum Skidepot und von dort wieder mit Fellen
unter den Skiern hinauf zum Lager 1, das wir alle (Michi, Hans, Sherpa
Pasang und ich) rechtzeitig und in bester Stimmung erreichten.
Nun galt es für den weiteren anstrengenden Aufstieg die Speicher
zu füllen. Mein Zeltpartner Hans warf sofort den Kocher an, um Schnee
zu schmelzen, damit wir so viel wie möglich trinken konnten und zum
Schluss gab es noch eine deftige Fertigsuppe zu schlürfen. Dann ging's
in den warmen Schlafsack.
Nach Schnee schmelzen und frühstücken starteten wir dann am
nächsten Morgen voller Zuversicht in Richtung Lager 2. Zunächst
ging es bei schönstem Wetter los. Doch bald zog sich die Sonne zurück,
es kam Wind auf und es begann leicht zu schneien. Als ich den Korridor
erreichte, war der Nebel so dicht, dass ich nur noch 2m Sicht hatte. Der
Wind hatte die Aufstiegsspur von Michi weggeweht. Was war mit dem tollen
Wetterbericht? Ich wusste, ich war von unserem Zelt im Lager 2 nur wenige
hundert Meter entfernt. Aber sollte ich mich weiter trauen auf den für
den nächsten Tag vorgesehenen großen fast ebenen Korridor?
Das war mir zu gefährlich, denn man weiß ja, dass man im Nebel
die Orientierung verliert und im Kreis läuft. Ich hätte also
das so nahe Zelt womöglich verfehlt. Gott sei Dank hörte ich
Michis Rufen, der mir entgegenkam und mich so ins wirklich nahe Zelt schleuste.
Der nächste Morgen zeigte sich wieder von seiner besten Seite. Es
war strahlender Sonnenschein, wenig Wind und nicht kalt, also beste Bedingungen
für einen Aufstieg zum auf ca.7400 m hoch liegenden Lager 3.
Nun
muss ich etwas einschieben:
Meine Taktik war ursprünglich: Aufstieg bis Lager 2 mit Skiern, dann
weiter zu Fuß mit meinen warmen Expeditionsstiefeln. Doch die Schneeverhältnisse
und das gute Wetter bewegten mich umzuplanen. Ich hatte jedoch keine Übergamaschen
für meine Skischuhe. Aber da Rainer schon am Gipfel war, bot er mir
seine an. Ich probierte sie im B.C. an. Sie waren zwar etwas zu groß,
aber sie passten sowohl für die Skibindung als auch für die
Steigeisen. Also änderte ich meine Taktik.
Zu meiner eigenen Sicherheit testete ich nun beim Aufstieg zum Lager 3
die Gamaschen, obwohl es das Wetter eigentlich nicht erforderte, zunächst
auf den Skiern bis zu meinen Depot auf ca.7200 m Höhe. Danach zog
ich die Steigeisen über und erreichte problemlos kurz nach Mittag
Lager3.Dort hatte Michi bereits ein kleines Zelt aufgebaut. In diesem
warteten wir gemeinsam auf Pasang, der ein weiteres Zelt mitbrachte, das
wir dann gemeinsam aufstellten. So hatten wir wieder je zu zweit ein Zelt,
Michi und Pasang sowie Hans und ich. Nach Verrichtung aller notwendigen
Dinge schlüpften wir in unsere Schlafsäcke um zu schlafen (in
7400m Höhe) und gespannt auf den nächsten Tag, den Gipfeltag,
zu warten. Doch plötzlich kam in den Nacht starker Wind auf um nicht
zu sagen: ein Sturm. Was war mit der Wettervoraussage? Ich schlief sehr
schlecht und machte mir Sorgen um den Gipfeltag. Um 5.00 wollten wir starten,
aber es stürmte weiter. Um kurz nach 5.00 Uhr rief Michi, er wolle
in einer halben Stunde starten, es sei draußen nicht so schlimm.
Also beschlossen auch wir zu starten. Um 7.oo Uhr waren wir startbereit.
Hans ging los. Ich wollte auch losgehen. Aber was war da mit meinem rechten
Steigeisen? Ich brachte den Kipphebel nicht zu! Sch... Ich musste meine
warmen Fausthandschuhe ausziehen und die Steigeisen mühsam verstellen.
Dann endlich hatte ich das Steigeisen am Fuß. Nun hieß es
aber loslegen. Ich hatte aber nun bereits kalte Füße und noch
kältere Hände. Auch beim weiteren Aufstieg wurde es nicht besser.
Nach ca. 100 Höhenmetern löste sich in sehr hartem Schnee (nur
die Zacken der Steigeisen drückten sich in den Schnee) das rechte
Steigeisen von meinem Schuh. Reaktionsschnell konnte ich mich mit meinem
anderen Steigeisen und meinem Eispickel vor einem Absturz retten. Nun
wieder das gleiche Spiel: Handschuhe aus, Steigeisen wieder anpassen -
und dann? - Schlagartig ging mir durch den Kopf, was ist , wenn es mir
weiter oben an einer weit schwierigeren Stelle noch einmal passiert?
Die Entscheidung war gefallen. Umdrehen! Über Funk informierte ich
Michi und stieg wieder ins Lager 3 ab.
Als
ich im Zelt im Lager 3 die Gamaschen auszog, fiel mir auf einmal mein
uraltes Motto fürs Höhenbergsteigen ein, das ich auch immer
wieder bei meinen Vorträge sagte: "Weiter gehen ist keine Kunst,
das kann jeder, aber rechtzeitig umdrehen, das ist viel schwieriger.....“
Hatte ich dieses Motto vorhin da oben im Unterbewusstsein angewandt? Aber
ja!!! Nun hatte sich der Kreis auch da geschlossen. Ich packte alle meine
Sachen zusammen, zog meine Steigeisen sicher und direkt auf meine Skischuhe
und begann zwar etwas traurig, aber mit mir im Reinen mit dem Abstieg
zum Skidepot. Dort wechselte ich meine Steigeisen gegen die Skier.
|
Nun
begann auch für mich noch etwas Neues. Noch nie bin ich von 7200m Höhe
mit Skiern abgefahren. Nach kurzer Zeit erreichte ich in Lager 2 Rainer
auf 6900 m Höhe. Er sagte, dass er noch einmal aufgestiegen sei, um
den direkt daneben liegenden namenlosen 7050 m hohen Berg zu besteigen.
Aber ich glaube, dass er hauptsächlich hochgekommen war, um uns beim
schweren Abtransport der Lager zu helfen. So hilfsbereit und selbstlos ist
er. Dafür herzlichen Dank und nochmals großen Glückwunsch
und großen Respekt für deinen Husarenritt mit Skiern zum Gipfel
der Shisha Pangma.
Mit Michi hatte ich vereinbart, dass wir so viel wie möglich ins Lager
1 mitnehmen, aber das Zelt stehen lassen sollten, denn Pasang, der zu Fuß
unterwegs war, würde maximal noch Lager 2 erreichen. Bis auf das Zelt
und einen Kocher nahmen wir alles ins Lager 1 mit. Dort richteten wir uns
für unsere letzte Hochlagernacht gemütlich ein. Gegen 17.00 kamen
auch Hans und Michi mit Skiern im Lager 1 an.
Zunächst gratulierte ich Hans zu seiner Leistung, die ihn bis knapp
200m unter den Gipfel gebracht hatte. Seiner sehr guten Kondition, seinem
technischen Können und seinem Willen entsprechend hätte er den
Gipfel mehr als verdient gehabt. Ich hätte ihm seinen ersten 8000-er
Gipfel von Herzen gegönnt. Auch für seine Hilfsbereitschaft und
seine Funktion als Expeditions-Arzt möchte ich mich bedanken.
Michi möchte ich zunächst zu seinen großartigen Gipfelerfolg
herzlich gratulieren. Er war an diesem Tag der einzige am Gipfel, das stellt
seine Leistung weiter heraus.
|
|
Auch
möchte ich ihm für seine perfekte Expeditionsleitung und für
seinen freundlichen und persönlichen Umgang mit uns danken.
Auch
bei Ralf Dumjovits möchte ich mich für seine wie immer perfekte
Organisation(es fehlte uns an nichts!) bedanken und auch dafür, dass
er mir den Transfer der Daten für die Berichte ermöglichte.
Besonders bedanken möchte ich mich bei meinem Schwiegersohn Markus,
der nicht nur meine Berichte (sicher in Nachtarbeit) ins Netz stellte,
sondern mich im Büro bestens vertrat.
Auch bei seiner Frau und meiner Tochter Heike möchte ich mich bedanken,
für ihr Verständnis(ich weiß, wie schwer es dir fiel),
dass ich immer wieder auf Expedition ging.
Und zuletzt natürlich bei meiner Frau Regine, die viel erdulden musste
und die immer zu mir hielt. Ich freue mich schon so sehr, dich nächsten
Samstag in die Arme zu nehmen und am 12.6. unseren 46. Hochzeitstag zu
feiern. Ich hoffe und wünsche und bin mir auch sicher dass wir noch
viel miteinander feiern werden.
Auch noch vielen Dank an die interessierten Leser dieser Berichte.
Bis bald in Stuttgart.
|